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Mitarbeiterzukunft
Banker brauchen neue Schlüsselqualifikationen
Modernes Beraten muss Kunden und ihre Wünsche fest im Blick haben. Wie das geht, zeigt die Stadtsparkasse Wuppertal. Ein persönliches Kompentenzprofil für künftige Mitarbeiter gehört zu den innovativen Ideen des bergischen Instituts.

Wie sieht der Sparkassenmitarbeiter der Zukunft aus? Vor dieser Frage stehen viele Institute, wenn es darum geht, die anstehenden Transformationsprozesse in Zeiten der Digitalisierung zu bewältigen. Mit Blick auf die Dynamik der aktuellen Entwicklungen lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten.

Personalentwickler, IT-Organisatoren, Firmenkundenbetreuer oder Kundenberater im Private Banking – um nur einige Mitarbeitergruppen zu nennen – werden in naher Zukunft andere Anforderungsprofile haben als heute. Trotzdem muss sich jedes Institut, will es sinnvolle Personalarbeit leisten, dieser Frage und den damit verbundenen Herausforderungen stellen.

Eine weitere Überlegung ist, welche Art von Qualifikation bei der Beschreibung der Sparkassenmitarbeiter von morgen betrachtet wird:

  • Sind es eher Fähigkeiten, Fertigkeiten oder Kompetenzen?
  • Welche Kompetenzen spielen in diesem Berufsbild künftig die größte Rolle?

Zentraler Ausgangspunkt für die Schlüsselqualifikation der Mitarbeiter sollten die Kundenanforderungen sein. Entscheidende Faktoren sind dabei letztlich die veränderten Anforderungen und Erwartungen, die Kunden an das Bankgeschäft stellen. Ein wichtiger Auslöser ist der Megatrend Digitalisierung. Wer die Kundenerwartungen kennt, kann auf dieser Basis die Kompetenzen ableiten, über die Sparkassenmitarbeiter künftig verfügen müssen.

Stadtsparkasse Wuppertal geht neue Wege

Die Stadtsparkasse Wuppertal hat sich im Zuge des Projekts „Strategische Ausrichtung von Personalbedarf und -entwicklung“ mit den Veränderungen in unserer Arbeitswelt – vor allem mit den Anforderungen an die persönlichen Kompetenzen der Mitarbeiter – auseinandergesetzt.

Ausgehend von der eigenen Geschäftsstrategie standen für die Projektarbeit zwei zentrale Leitfragen im Vordergrund:

  • Welche persönlichen Kompetenzen benötigen unsere Mitarbeiter, um unsere Kunden ganzheitlich zu versorgen?
  • Wie gewinnen, behalten und entwickeln wir diese Mitarbeiter?

Abbildung 1 zeigt die Projektstruktur und die Vorgehensweise, wie diese Leitfragen beantwortet worden sind. Im ersten Schritt sind die Mitarbeiter der Zukunft mit den jeweiligen persönlichen Kompetenzen aus Kundensicht beschrieben worden. Mithilfe einer wissenschaftlichen Vorgehensweise hat die Sparkasse dabei die Perspektive der Kunden eingenommen und persönliche Kompetenzen für Mitarbeiter (zunächst) im Privatkundenbereich definiert.

Im zweiten Schritt ist betrachtet worden, wie man an entscheidende Anforderungen gekommen ist und sie zu einer Methode zusammenzuführen sind. In einem dynamischen Prozess sind Anforderungen an die Mitarbeiter immer weiter validiert worden – auch unter Berücksichtigung von Zukunftstrends. Nach der Beschreibung des Soll-Zustands wird im dritten Schritt ein Konzept entstehen, wie in der Stadtsparkasse Wuppertal die Kompetenzen – dem neuen Profil für persönliche Kompetenzen entsprechend – entwickelt werden können. Das strategische Projekt endet voraussichtlich im September 2020 mit Maßnahmen zur Operationalisierung, die die entscheidenden Instrumente, Konzepte und Formate für die Veränderungen umfassen.

Erste Projektergebnisse liegen vor

Im Rahmen des Projekts sind zahlreiche Kunden zu ihren speziellen Erwartungen an Berater befragt worden. Wissen wollte man ferner, welche Kompetenzen diese mitbringen sollen. Folgende Aspekte haben sich dabei herauskristallisiert:

  • „Nähe“ und „Einfachheit“ werden von den Kunden als Wunsch klar artikuliert und hervorgehoben. Das bedeutet, dass Kunden die Erreichbarkeit der Berater sowie die persönliche Beziehung wichtig sind und diese die Finanzprodukte für die Kunden in einfachen Begriffen erläutern sollten.
  • 86 Prozent der Befragten ist die Persönlichkeit der Berater wichtiger als ihr Fachwissen.
  • Die „Sicherheit der Finanzen und Daten“ wird von den Kunden vorausgesetzt und als Basis für eine Zusammenarbeit betrachtet.
  • „Gemeinsamkeit“ gewinnt durch das Kundenbindungsinstrument „Treuewelt“ der Stadtsparkasse Wuppertal an Substanz. Das Haus wird gerade dadurch als regionales Institut erlebbar und gewinnt an Profil. Die Kunden wollen ein regionales Kreditinstitut, das vor Ort erlebbar ist.
  • Berater sollen ideenreich „pfiffig“ sein und lösungsorientiert („geht nicht – gibt‘s nicht“) handeln.
  • Trotz digitaler Medien wünschen Kunden sich einen persönlichen Ansprechpartner vor Ort (zumindest für komplexe Fragen).
  • Berater sollen kundenorientiert beraten und nicht durch Produktprovisionen gesteuert sein.

Die Wuppertaler Befragungsergebnisse passen zu weiteren Überlegungen hinsichtlich der veränderten Erwartungen der Kunden, die schon aus früheren Studien bekannt sind:

  1. Ein und derselbe Kunde verhält sich im Hinblick auf seine Erwartungen in verschiedenen Situationen ganz unterschiedlich. Eine Segmentierung der Kunden selbst reicht deshalb in einem noch so ausgeklügelten Cluster nicht aus. Der Kunde und seine Ansprüche an die Beratung müssen vielmehr aus dessen jeweiliger Situation heraus betrachtet werden.
  2. Das Verhalten der Kunden hat sich deutlich verändert. Wie auch in anderen Konsumwelten informiert sich der Kunde zu allererst im Internet. Erst dann entscheidet er, ob er gleich über den Point of Sale im Internet abschließt oder noch von kompetenter Seite beraten werden möchte. Auch in diesem Fall hängt es entscheidend von der Beratungskompetenz ab, ob ein Abschluss zustande kommt.

Gleichzeitig steigt die Bereitschaft der Kunden, sich auf Vergleichsportale zu verlassen, Beratungen auch per Robo Advisor zu akzeptieren und sich gegenüber bisher eher bankfernen Anbietern wie Amazon, Apple, Google, Facebook oder Paypal für Finanzdienstleistungen zu öffnen.

Mitarbeiter selbst befragt

Die Stadtsparkasse Wuppertal hat in einem Projekt erfolgreich ein künftiges „Profil für persönliche Kompetenzen“ ihrer Mitarbeiter entwickelt.
Die Stadtsparkasse Wuppertal hat in einem Projekt erfolgreich ein künftiges „Profil für persönliche Kompetenzen“ ihrer Mitarbeiter entwickelt.

Erhebungen zu künftigen Kompetenzbereichen sind auch bei den Mitarbeitern selbst durchgeführt worden. Ihre Aussagen lassen sich zu einem „Profil für persönliche Kompetenzen“ verdichten. Aus den Befragungen, die auf der Metaebene gelegen haben, lassen sich zwei Erkenntnisse herausheben:

  • Die digitale Kompetenz aller Mitarbeiter muss sich den Entwicklungen in der Bankbranche anpassen.
  • Die Bereitschaft, sich permanent weiterzuentwickeln – persönlich wie fachlich und kommunikativ wie methodisch – ist eine wesentliche Schlüsselkompetenz, die alle Mitarbeiter einbringen müssen.

Fasst man die Ergebnisse zusammen, schälen sich für Berater im Privatkundengeschäft folgende Qualifikationen heraus: Zunächst müssen die Beziehungskompetenzen der Mitarbeitenden weiter gestärkt werden. Traditionell hat man die Beziehung zwischen Berater und Kunde immer als langfristige persönliche Beziehung gesehen. Im Idealfall gilt dies auch weiterhin. Was sich allerdings verändert hat, ist der Grad der Kundentreue zur Bank. Feststellbar ist eine erhöhte Wechselbereitschaft gepaart mit dem Wunsch der Kunden, aus der Situation heraus kompetent und zeitnah beraten zu werden.

Hinzu kommt, dass Studien zur Erwartungshaltung von Kunden klar belegen, dass bei komplexeren Themen (zum Beispiel einer Beratung zur Erstfinanzierung einer Immobilie) die Kunden in aller Regel mindestens zwei oder drei Termine bei unterschiedlichen Anbietern wahrnehmen. Hieraus folgt, dass es den Beratern gelingen muss, sehr schnell eine vertrauensvolle Kundenbeziehung aufzubauen – vor allem dann, wenn sich die beiden Parteien zum ersten Mal zusammenfinden.

In jeder Beratungssituation müssen Beziehungen gestärkt werden (zum Beispiel durch ein sehr verbindliches Auftreten). Beziehungskompetenz bedeutet gleichermaßen, Netzwerke aufzubauen und zu pflegen (zum Beispiel im Immobiliengeschäft zu Maklern, Notaren, aber auch möglichen Finanzierungspartnern und Förderinstituten bis hin zu Bauunternehmen und Handwerksbetrieben).

Die entscheidende Schlüsselqualifikation wird demzufolge sein, dass sich Berater in die Situation der Kunden sowie deren Probleme und Herausforderungen hineinversetzen können. Darüber hinaus werden auch digitale Ökosysteme eine zunehmende Rolle spielen. Berater müssen sich folglich mit diesen digitalen Welten auseinandersetzen und den Kunden dabei Orientierung geben können.

Stellt man im Kompetenzfeld „Kunden- und Serviceorientierung“ das digitale Anforderungsprofil der Sparkassenmitarbeiter heraus, so lassen sich folgende Kompetenzen von Mitarbeitern identifizieren:

  • Können Grundbegriffe der digitalen Technik erläutern.
  • Bewerben sowohl die Online- als auch die mobilen Lösungen des Kreditinstituts proaktiv.
  • Kennen die digitalen Service- und Beratungsprozesse des eigenen Instituts sowie teilweise auch die von Wettbewerbern und wenden diese zeitlich und örtlich flexibel an.
  • Erkennen die von den Kunden präferierten digitalen Kommunikationskanäle.
  • Wenden die digitalen Beratungsprozesse und medialen Opportunitäten ziel- und adressatengerecht an.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung und der damit einhergehenden Nutzung aller Vertriebskanäle lässt sich zweifelsohne als weitere zentrale Schlüsselqualifikation der Zukunft die digitale Kompetenz der Sparkassenmitarbeiter identifizieren.

Dabei sind weitere Kompetenzbereiche im Zusammenhang mit der digitalen Kompetenz der Mitarbeiter noch um Stichworte wie Selbstorganisation, analytische Fähigkeiten oder auch Wertebewusstsein (zum Beispiel Datenschutz, Verhalten in sozialen Netzwerken) zu erweitern.

Mit dem konsequenten Blick der Kunden lässt sich feststellen, dass diese sich wünschen, mit den Beratern auf Augenhöhe zu kommunizieren. Dabei „übersetzen“ sie komplexe Sachverhalte und machen sie für den Kunden verständlich. Von den Beratern wird jedoch keinesfalls erwartet, alle fachlichen Feinheiten selbst zu beherrschen. Weitere Expertise einzubinden, wird durchaus sehr geschätzt.

Fazit

Zu den Schlüsselqualifikationen, die auch künftig Bestand haben werden, zählen: eine deutlich stärker als bisher ausgeprägte Kunden- und Serviceorientierung, die sich zu einem hohen Interesse am Kundenbedürfnis mit individuellen, ideenreichen und lösungsorientierten Angeboten verdichtet.

Zugleich sind hervorragende Kommunikationsfähigkeiten wie aktives Zuhören mit adressatengerechten Umgangsformen ein Muss. Selbstbewusstes, gewinnendes Auftreten sowie Begeisterungsfähigkeit für die eigenen Angebote gehören ebenfalls dazu. Die Kunden erwarten, dass die Beratenden das Banking für ihn einfach machen und komplexe Informationen in Worten ausdrücken, die der Kunde je nach eigenem Vorwissen gut verstehen kann.

Aus all diesen Anforderungen ist das „Profil für persönliche Kompetenzen“ der Stadtsparkasse Wuppertal entstanden. Die Abbildung 2 und die Abbildung 3 (jeweils Klick zum hochauflösenden PDF-Download in Din A4) fassen die Forschungsergebnisse anschaulich zusammen und eignen sich in vielseitiger Hinsicht als Grundlage zur Reflexion – für ein Institut, Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen.

Autoren
Désirée Meissner ist Projektleiterin der Stadtsparkasse Wuppertal.
Gunther Wölfges ist Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Wuppertal.
Prof. Dr. Dieter Rohrmeier ist Studiengangleiter des MBA der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe in Bonn.

Désirée Meissner, Gunther Wölfges, Prof. Dr. Dieter Rohrmeier
– 6. März 2020