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Nachhaltigkeit / aktualisiert: BVI-Zahlen
„Wachstumstreiber im Investment-Geschäft“
Wie Sparkassen den gesellschaftlichen Megatrend für Anlagegespräche nutzen.

Nachhaltigkeit hat längst den Sprung vom heißen Diskussionsthema hin zum Fixpunkt bei den Alltagsausgaben vieler Menschen in Deutschland geschafft. Studien bestätigen ein verändertes Konsumverhalten vor allem bei Lebensmitteln, Mode und Körperpflege.

Als jüngst das Datenportal Statista 1032 Menschen in Deutschland fragte, ob Nachhaltigkeit ein Modethema sei, antworteten gerade mal 15 Prozent, ja, das gehe wieder weg. 85 Prozent waren also nicht dieser Ansicht.

Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung stützt zudem die staatlichen Anstrengungen in puncto Umwelt- und Klimaschutz, fordert gar noch mehr und schnellere Aktivitäten. Dies hat das Umweltbundesamt bei seiner letzten Zeitreihen-Frage zum Umweltbewusstsein in Deutschland bereits 2019 herausgefunden.

Rekordzuwächse bei nachhaltigen Fonds

Im ersten Quartal 2021 ist das für deutsche Kunden verwaltete Vermögen nachhaltiger Fonds bereits um 107 Milliarden Euro auf einen neuen Höchststand von 254 Milliarden Euro angestiegen, wie der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) aktuell mitteilt.

Das entspreche einem Anteil von acht Prozent des gesamten Fondsmarkts. Zum Vergleich: Ende 2020 waren es noch fünf Prozent gewesen.

Das Geld sprudelt: Das für deutsche Kunden verwaltete Vermögen nachhaltiger Fonds ist im ersten Quartal 2021 um 107 Milliarden Euro auf einen neuen Höchststand von 254 Milliarden Euro angestiegen.

Und noch eine Zahl beeindruckt: Fast die Hälfte des Neugeschäfts aller Publikumsfonds geht auf das Konto nachhaltiger Anlagen. Vor zwei Jahren waren es noch 18 Prozent gewesen.

Lübecker Vorstand Oke Heuer sieht drei Gründe

Oke Heuer, Vorstand der Sparkasse zu Lübeck, macht drei Gründe für die sprunghaft gestiegene Popularität nachhaltiger Geldanlagen aus: „Zum einen sehen viele institutionelle Anleger und Privatkunden die wirtschaftlichen Vorteile eines Investments in einem Bereich, der in den nächsten Jahren enorme Investitionen anziehen wird. Klimatechnik ist hier nur ein Beispiel.“ 

Zudem lenkten Fondsgesellschaften wie die Deka ihre Kapitalströme immer stärker in Richtung Nachhaltigkeit, so Heuer.

Überdies mache die Offenlegungsverordnung der EU nachhaltiges Wirtschaften noch transparenter. Finanzdienstleister müssen seit dem 10. März ihren Kunden erklären, welche Nachhaltigkeitsrisiken die angebotenen Anlageprodukte besitzen und detaillierte Informationen darüber liefern, in welchen Punkten Unternehmen von den ESG-Kriterien abweichen.

 

„Im nächsten Jahr wollen wir die Hälfte aller Zuwächse im Investment-Geschäft über das Thema Nachhaltigkeit verbuchen.“
Oke Heuer, Vorstand der Sparkasse zu Lübeck.


Regulatorik treibt den Markt

Tatsächlich dürften auch regulatorische Vorgaben dafür sorgen, dass nachhaltige Anlageprodukte verstärkt vertrieben werden. So arbeitet der EU-Gesetzgeber an einer Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsabfrage. Die Sparkassen handeln bereits jetzt entsprechend: Im Mai ist die nachhaltige Anlageberatung flächendeckend in allen Sparkassen gestartet. Die Kunden werden verpflichtend in jeder Beratung gefragt, ob sie Interesse an nachhaltigen Wertpapieren haben.

Die EU und auch die Bundesregierung arbeiten an weiteren Maßnahmen, um Geldströme und Kapitalanlagen stärker nach Klima-, Umwelt- und Menschenrechtsaspekten auszurichten: Die Bundesregierung will eine entsprechende Entwicklung mit ihrer kürzlich beschlossenen Finanzstrategie befördern.

Parallel wird auf EU-Ebene um Leitlinien gerungen, die für den Kontinent Bedeutung haben sollen. Die sogenannte „Taxonomie“ soll letztlich wie die deutsche Sustainable-Finance-Strategie den Weg zur Klimaneutralität spätestens 2050 ebnen.

Schwung für das Neugeschäft

Nachdem die Sparkasse zu Lübeck vor einem Jahr damit begonnen hatte, ihre 50 Wertpapierberater zum Thema Nachhaltigkeit auszubilden, vieles davon mithilfe digitaler Schulungen, fanden ab dem vergangenen Sommer alle Anlagegespräche mit Kunden stets auch unter dem neuen Aspekt statt.

Und am Ende des Jahres zeichneten nachhaltige Geldanlagen dann für ein Drittel des gesamten Ertragszuwachses bei Investments, stattliche 18 Prozent, verantwortlich. Ein Erfolg, auf dem aufgebaut werden soll: „Im Jahr 2022 wollen wir die Hälfte aller Zuwächse im Investment-Geschäft über das Thema Nachhaltigkeit verbuchen“, erklärt Heuer.

Interesse bei Kunden und Beratern

Was ihm Hoffnung macht: Schon 2020 hatten zwei Drittel aller Kunden im Beratungsgespräch gesagt, dass sie sich für nachhaltiges Investieren interessieren würden. Im abgelaufenen Quartal führte die Sparkasse zu Lübeck 800 Anlagegespräche pro Woche, mit einem hohen Anteil von Telefonaten darunter.

„Natürlich führt das Interesse an Nachhaltigkeit nicht automatisch auch zu einem Abschluss“, sagt Heuer. „Aber weil unsere Berater sich ebenfalls begeistert von dem Thema zeigen, denke ich, dass der Trend zu mehr und mehr Abschlüssen im Bereich Nachhaltigkeit sich weiter verstärken wird.“ Eins lasse sich jedenfalls festhalten: „Nachhaltigkeit ist der Wachstumstreiber im Investment-Geschäft.“

Wohlhabende Kunden gut ansprechbar

Und das nicht nur in der Breite. Bei der Taunus Sparkasse etwa erweist sich darüber hinaus auch eine eher kleine, aber sehr zahlungskräftige Kundenschicht als besonders affin für das Thema: „Im Bereich des Stiftungsmanagements ist die nachhaltige Geldanlage ein vorrangiges Anlageziel unserer Kunden“, sagt Christof Harwardt, Leiter Private Banking.

 


„Im Bereich des Stiftungsmanagements ist die nachhaltige Geldanlage ein vorrangiges Anlageziel unserer Kunden.“
Christof Harwardt, Leiter Private Banking bei der Taunus Sparkasse.


Und auch mit Blick auf die Zukunft zeigt sich Nachhaltigkeit als exzellentes Investment-Thema: „Vor allem bei jüngeren Kunden ist das Bewusstsein für nachhaltige Anlagen und dementsprechend auch die Nachfrage deutlich angestiegen“, sagt Markus Franz, Mitglied des Vorstands der Taunus Sparkasse. Auch für Kundinnen und Kunden, die erstmals in Wertpapiere investieren, seien nachhaltige Anlagen wichtig.

 


„Vor allem bei jüngeren Kunden ist das Bewusstsein für nachhaltige Anlagen deutlich angestiegen.“
Markus Franz, Mitglied des Vorstands der Taunus Sparkasse.


„München investiert grün“

Es passt also gut zu der Vorreiterrolle der Sparkassen, dass die Deka ihre große Nachhaltigkeitskampagne im Februar gestartet hat und ihre Angebote dazu seither auf der Webseite www.sinnvestoren.de gebündelt präsentiert – was die Stadtsparkasse München aber nicht davon abgehalten hat, auch einen eigenen Fonds zu dem Thema aufzusetzen.

Seit Ende des vergangenen Jahres heißt es überall in der Stadt: „München investiert grün“. Kaum eine Litfasssäule, auf der das Motiv der Kampagne nicht klebt.

„München investiert grün“ – Plakatkampagne der Stadtsparkasse München.

 

Christian Gehl
– 26. Mai 2021