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Verbund / Beratung
Nachhaltig der Zeit voraus
In allen Sparkassen startet ab dem 1. Mai 2021 die nachhaltige Anlageberatung. Wie der Schritt gelingt.

Ab dem 1. Mai 2021 ist es soweit: Die nachhaltige Anlageberatung startet flächendeckend in allen Sparkassen. Die Kunden werden dann verpflichtend in jeder Beratung gefragt, ob sie Interesse an nachhaltigen Wertpapieren haben. Bejaht der Kunde, soll in der Beratung ein geeignetes nachhaltiges Produkt empfohlen werden.

Die Sparkassen-Finanzgruppe ist damit der Zeit voraus. Denn die regulatorische Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsabfrage kommt frühestens im nächsten Jahr, wann genau, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Der EU-Gesetzgeber hat den Zeitplan bereits mehrfach nach hinten verschoben.

„Ein Warten auf den Gesetzgeber kam für uns nicht in Frage. Nachhaltigkeit geht uns alle an. Als Sparkassen-Finanzgruppe nehmen wir hier gerne eine Führungsrolle ein, zumal das Thema auch mit großen vertrieblichen Chancen verbunden ist“, sagt Karl-Peter Schackmann-Fallis, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DSGV.

Nachhaltigkeitsabfrage seit Juni 2020

Das Thema stehe im Fokus der Öffentlichkeit, sei längst kein Nischenthema mehr und habe eine enorme mediale Resonanz, so Schackmann-Fallis.

 

Thema Nachhaltigkeit steht im Fokus der Öffentlichkeit, sagt Karl-Peter Schackmann-Fallis, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DSGV.

 

Die technischen Voraussetzungen für die Abfrage wurden bereits früh geschaffen. Bereits seit Juni 2020 konnten Sparkassen über einen sogenannten Institutsschalter individuell entscheiden, ob sie die Abfrage zur Nachhaltigkeit nutzen.

Schon vor dem Start der flächendeckenden Abfrage machten etwa 290 Sparkassen mit. Zum 1. Mai 2021 wird der Institutsschalter von der Finanz Informatik in OSPlus abgeschaltet. Damit endet quasi die Einführungsphase.  

Gesprächs- und Produktschulungen für Mitarbeiter

Die ersten Erfahrungen der Sparkassen mit der Abfrage der Nachhaltigkeit waren durchweg positiv: „Die Prozesse laufen sehr gut. Die technische Anwendung kommt bei den Beratern gut an. Sie wird als einfach und intuitiv empfunden“, sagt Heinz Rother, Leiter Wertpapiergeschäft in der Sparkasse KölnBonn. Auch bei den Kunden komme die Abfrage, ob sie Interesse an nachhaltigen Produkten haben, sehr gut an.

Das bestätigt Edda Tielke, Mitarbeiterin im Bereich Vertriebskonzepte bei der Sparkasse Osnabrück. Tielke verweist ergänzend auf die Bedeutung der Beraterschulungen im Vorfeld der Abfrage.

Kernpunkt der Schulungen waren vor allem die Fragen an den Kunden zu seiner Nachhaltigkeitspräferenz. Im Fokus stand aber auch das Produktangebot: „Den Beratern muss vermittelt werden, wie sich ESG-Strategieprodukte und Impact Produkte unterscheiden. Kunden fragen genau das nach, wenn sie investieren wollen“, sagt Tielke.   

 

Ein Verbändekonzept der Deutschen Finanzwirtschaft hat frühzeitig einen Kriterienkatalog zu nachhaltigen Wertpapieren geschaffen

 

Verbändekonzept regelt Kriterien für Nachhaltigkeit

Ohne gesetzliche Pflicht zur Nachhaltigkeitsabfrage fehlen allerdings klare gesetzlichen Definitionen. Zudem sind die einschlägigen Rahmenwerke – wie die seit 10. März 2021 gestartete Transparenz-Verordnung und die Mifid II – bislang nicht in puncto Nachhaltigkeit harmonisiert.

Die Deutsche Finanzwirtschaft hat deshalb mit dem sogenannten Verbändekonzept zu nachhaltigen Wertpapieren auf Basis der regulatorischen Entwürfe frühzeitig einen eigenen Kriterienkatalog geschaffen.

Der gemeinsame Branchenstandard soll dafür sorgen, dass im deutschen Markt einheitliche Kriterien für die Einstufung von nachhaltigen Wertpapieren bestehen. Das Konzept wurde auch der Bafin vorgestellt, die es grundsätzlich positiv bewertet hat.

Schon viele nachhaltige Produkte im Angebot

Landesbanken und Dekabank haben in den vergangenen Monaten ihre Portfolien für Sparkassen überarbeitet. „Das war eine erhebliche Kraftanstrengung. Doch so können wir nun aus dem Verbund heraus eine deutlich größere Bandbreite nachhaltiger Anlagen anbieten“, sagt Stefan Eich, Leiter Strategisches Produktmanagement, Dekabank.

Die Dekabank und die Landesbanken haben zahlreiche nachhaltige Wertpapiere aufgelegt. Sie bieten den Sparkassen und ihren Kunden zum Stichtag 10. April 2021 knapp 40 nachhaltige Publikumsfonds und mehr als 1000 nachhaltige Zertifikate/Anleihen an. Das Angebot soll weiter ausgebaut werden.

Das Thema Nachhaltigkeit ist kein vorübergehender Trend. Die frühzeitige Behandlung des Top-Themas Nachhaltigkeit in der Anlageberatung – weit vor dem Anwendungsstart der Regulatorik – hebt die Sparkassen-Finanzgruppe auch von den Mitbewerbern ab.

Statt auf die Verpflichtung durch Mifid II zu warten, praktizieren die Sparkassen bereits jetzt, was viele Kunden von den Sparkassen erwarten: Nähe zum Kunden und verantwortliches Handeln für die Gesellschaft. Gleichzeitig sind sie bestens auf das Thema vorbereitet, wenn dann der Gesetzgeber zu einem späteren Zeitpunkt nachzieht.     

Die Autorin ist als Abteilungsdirektorin Kapitalmarktrecht beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband in Berlin tätig.

 

Hier geht es zum Interview mit Dwpbank-Vorstandschef Heiko Beck.

Birgit Seydel, DSGV
– 20. April 2021