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Vertrieb
Kunden mit Isabel begeistern
Isabel, Prototyp einer auf KI basierenden digitalen Vertriebsassistentin, liefert als Showcase in der Stadtsparkasse München bereits vielversprechende Ergebnisse.

Der fiktive Firmenkunde Stefan Meister aus München möchte ein Girokonto eröffnen. Also ruft er bei der Business-Line an, der telefonischen Beratung für Gewerbekunden der Stadtsparkasse München (SSKM).

Firmenkundenberaterin Maria Mustermann nimmt den Anruf entgegen. Auf ihrem Bildschirm erscheinen automatisch die verschiedenen Girokontomodelle zur Auswahl.

Mustermann stellt dem Kunden einige Fragen, um das für ihn passende Produkt zu finden. Kunde Meister entscheidet sich für das Geschäftsgirokonto Komfort. Nachdem der Kunde seine persönlichen Daten angegeben hat, kann das Konto beantragt werden.

Gesprächsverlauf wird automatisch protokolliert

Das klingt nach einem normalen Verkaufsgespräch. Doch das täuscht, denn die Sparkassenberaterin ist von einem unsichtbaren Assistenten unterstützt worden: Isabel. Isabel ist ein sprachgesteuertes Computerprogramm, das zur Unterstützung der Service- und Kundenberater der Sparkassen-Finanzgruppe (SFG) entwickelt worden ist.

Ein vom Vertriebsassistenten Isabel unterstützter Gesprächsverlauf

„Isabel ist ein funktionsfähiger Prototyp einer intelligenten Vertriebsassistentin“, sagt Stephan Pawlitzek, Projektleiter bei KI-Xperts (Eigenschreibweise "KIXpertS"). KI-Xperts ist das Competence Center der Finanz Informatik; KI steht für künstliche Intelligenz.

Isabel führt die Beraterin durch den Verkaufs- und Service-Prozess und protokolliert automatisch den Gesprächsverlauf mit dem Kunden. Zudem übernimmt die digitale Vertriebsanwendung selbstständig das Ausfüllen von Feldinformationen, wie Geburtsdatum, Vor- und Nachnamen des Kunden.

Im fiktiven Fallbeispiel schlägt Isabel der Beraterin zunächst alle Girokontomodelle der Stadtsparkasse vor. Nachdem der Kunde im Gespräch „Geschäftskonto“ gesagt hat, wird die Auswahl automatisch auf die möglichen Geschäftsgirokonten eingeschränkt.

Darüber hinaus weiß die Vertriebsassistentin, welche weiteren Informationen für den Abschluss des Geschäftsprozesses erforderlich sind und unterstützt die Beraterin bis zum Produktabschluss.

Isabel erkennt auf Basis der Kundeninformationen und der OSPlus-Daten zudem Cross-Selling-Potenziale und gibt der Beraterin zum Kunden passende Produktempfehlungen.

Isabel lernt wie eine neue Mitarbeiterin  

Das Anlernen von Isabel verlaufe so ähnlich wie bei neuen Mitarbeitern, sagt Kixperts-Projektleiter Pawlitzek, die Anwendung lerne Produkte, Grundlagen und Beratungsprozesse kennen. Isabel lernt also, die Anliegen der Anrufer zu verstehen und in der Bearbeitung zu priorisieren, Mehrdeutigkeiten aufzulösen und selbstständig weitergehende Aktionen einzuleiten.

Selbst abschweifende Gesprächsverläufe sowie Umgangs- und Alltagssprache kann das Programm gut verstehen und verarbeiten: „All diese Merkmale unterscheiden einen KI-Assistenten grundsätzlich von einem normalen Chat- oder Voicebot, der oft regelbasiert programmiert und mit abschweifenden Dialogverläufen und Mehrdeutigkeiten überfordert ist“, sagt Pawlitzek.

„Isabel ist ein funktionsfähiger Prototyp einer intelligenten Vertriebsassistentin“, sagt Stephan Pawlitzek, Projektleiter bei Kixperts. Das Expertenteam für Künstliche Intelligenz ist beim Verbundunternehmen Finanz Informatik Solutions Plus angesiedelt.

KI-Assistenz-Plattform ist branchenführend

Isabel ist das Resultat einer Zusammenarbeit mit der Business-Line der Stadtsparkasse München und dem Kixperts-Team, das bei der Finanz Informatik Solutions Plus angesiedelt ist. Das Team wurde vor zwei Jahren gebildet, um das Know-how in einem KI-Competence Center für Sparkassen, Landesbanken, Verbundpartner und Servicegesellschaften zu bündeln.

Pawlitzek erläutert, die von KI-Xperts entwickelte KI-Assistentin sei in der Branche sicherlich führend. „Im vergangenen Jahr fanden in der SSKM mehrere erfolgreiche Praxistests mit Isabel statt. Unsere Erfahrungen mit der Spracherkennung und der Extraktion von den relevanten Informationen aus normalen Gesprächsverläufen bei der Bankberatung sind sehr gut.“

Auch Markus Huber, Referent für digitale Lösungen bei der Stadtsparkasse München, zeigt sich von Isabel begeistert: „Der Prototyp funktioniert in der Praxis einwandfrei. Er erkennt sogar fremdsprachige Familiennamen und ungewöhnliche Adressen.“

Für die Entwicklung bis zur Marktreife müssen die Entwickler weitere Sparkassen mit ins Boot holen: „Ohne Unterstützungspartner wie die Stadtsparkasse München ist die Weiterentwicklung nicht finanzierbar“, sagt Pawlitzek und gibt sich zuversichtlich. Das Interesse an intelligenten Vertriebs- und Serviceassistenten in der Sparkassen-Finanzgruppe sei sehr groß.

Werbemotiv der FI-Tochter Kixperts für die digitale Vertriebsassistentin Isabel.

Isabel spart Zeit und Geld

Sparkassenreferent Huber teilt diese Meinung: „Isabel spart Zeit und Geld. Für den Berater fällt das aufwendige Suchen nach Informationen in papiergebundenen Arbeitsmappen weg. Zudem macht das Tool Vorschläge für Cross-Selling-Produkte. Zusätzlich können neue Mitarbeiter viel rascher eingearbeitet werden.“

Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit und digitalen Souveränität räumt Projektleiter Pawlitzek mit dem Hinweis aus, dass der Betrieb aus technischen Gründen End-to-End in den FI-Rechenzentren oder in einer künftig DSGVO-konformen Cloud wie beispielsweise Gaia-X möglich sei. Daher funktioniere Isabel unabhängig von Cloud-Lösungen von Google oder Amazon.

Angesichts der Konkurrenz der US-Tech-Giganten sei der Einsatz von KI-Assistenten „absolut notwendig“, sagt Huber: „Die Sparkassen werden sich dem Thema nicht entziehen können. Deshalb muss es das gemeinsame Ziel sein, KI-Technologien im OSPlus-Umfeld für alle Sparkassen und Verbundunternehmen nutzbar zu machen.“

Hinter Isabel steht die IBM-Software Watson

Hinter Isabel steht die KI-Software Watson von IBM. Sie liefert als Hauptbestandteil der Isabel-Plattform die Basis für die Erkennung des Anruferanliegens und für die Fähigkeit, komplexen Gesprächsverläufen folgen zu können. Die sogenannte Semantikerkennung identifiziert kontextbezogen aus dem Text Informationen wie das Anliegen oder den Namen des Kunden.

Watson IoT Center des Technikkonzerns IBM in München-Schwabing. Die digitale Vertriebsanwendung Isabel der Sparkassen beruht auf der IBM-Software Watson.

Die IBM-Watson-Technologie nutzt eine hybride Cloud-Architektur, die auf offenen Standards, Schnittstellen und OpenShift basiert. Isabel kann daher in IT-Systeme integriert werden und auf Wissen und Schnittstellen zugreifen. Ebenfalls ermöglicht diese Plattform individuelle Anpassungen an Produkte und Besonderheiten einzelner Sparkassen und Verbundpartner (Mandantenfähigkeit) sowie eine schnelle und dynamische Skalierbarkeit.

„Der Einsatz von künstlicher Intelligenz hilft uns, Prozesse und damit auch das Kundenerlebnis zu verbessern“, sagt Daniel Draenkow, Referent Digitalisierung, Innovation Management und digitale Transformation beim DSGV. „Der Vertriebsassistent Isabel ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie durch den Einsatz künstlicher Intelligenz Mitarbeitende mehr Zeit für die persönliche Beratung von Kundinnen und Kunden erhalten und gleichzeitig die Beratungsqualität optimiert werden kann.“

Isabel kann auch sprechen

Neben den klassischen Bankprodukten kann Isabel ebenso bei Versicherungs- oder Anlageprodukten dem Berater zur Seite stehen. Weitere Anwendungsmöglichkeiten sehen die Entwickler nicht nur als „Hidden Assistent“, sondern auch im direkten Kundenkontakt.

Als digitaler Service-Assistent ist Isabel in der Lage, telefonische Kundengespräche automatisch zu führen und die fallabschließende Bearbeitung von Serviceaufgaben zu übernehmen. Im Unterschied zum Vertrieb als Hidden Assistent vertritt der Service-Assistent dabei selbst den menschlichen Berater.

Die Computerstimme von Isabel kann sogar eine charakteristische  Stimme mit einem leichten Dialekt annehmen und so die regionale Identität der Sparkasse gegenüber dem Kunden vertreten.

Eine Einführung in das Thema „Künstliche Intelligenz“ gibt dieser Online-Kurs.

Ricardo Tarli
– 12. Februar 2021