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Kryptomarkt
Kritischer Blick auf Kryptowerte
Ein Standpunkt der Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe untersucht Chancen und Risiken von Bitcoin, Giralgeld-Token und Co.

Die Finanzwelt erlebt mit der fortschreitenden Digitalisierung einen Umbruch und steht somit vor immensen Herausforderungen. Die Blockchain-Technologie sorgt für Furore, und Kryptoassets erfreuen sich einer immer größeren Aufmerksamkeit. Bitcoin und andere „Kryptowährungen“ sowie der beginnende Trend zur Tokenisierung werden auch für Anleger und Investoren immer wichtiger.

Ein Weckruf auch für Zentralbanken auf der ganzen Welt war ein von Facebook initiiertes Projekt zur Etablierung einer stabilen „Kryptowährung“. Zudem testet China in verschiedenen Pilotprojekten eine digitale Version des Yuans. Es gilt, den Blick zu schärfen und Unterschiede sowie Chancen und Risiken der neuen Instrumente im Auge zu behalten. Das schreiben die Chefvolkswirte Uwe Dürkop (Berliner Sparkasse), Jochen Intelmann (Haspa), Ulrich Kater (Dekabank), Christian Lips (NordLB), Thomas Meissner (LBBW), Jürgen Michels (BayernLB), Reinhold Rickes (DSGV), Gertrud Traud (Helaba) und Prof. Carsten Wesselmann (Kreissparkasse Köln).

Deutliche Differenzierung notwendig

Im Hinblick auf Kryptoassets müsse deutlich unterschieden werden zwischen Token, die Wertpapiercharakteristika aufweisen oder zumindest durch Finanzanlagen gedeckt sind, und solchen, die als reine Payment-Token in Umlauf gebracht werden. Letztere besitzen keinen inneren Wert und sind hochspekulativ, so das Fazit des Standpunkts, der als PDF an diesen Artikel angehängt ist (siehe unten).

Den Geldstatus hätten diese sogenannten „Kryptowährungen“ nicht erreicht. Es handle sich gleichsam um amputiertes Geld, da die Geldfunktionen so gut wie nicht erfüllt würden. Auf absehbare Zeit sei anderes auch nicht zu erwarten.

Stablecoins: Intransparenz und Instabilität?

Die sogenannten Stablecoins seien ebenfalls nicht ohne Risiken, auch wenn hierbei nicht der spekulative Charakter im Vordergrund stehe, sondern die Transaktionsfunktion. Nicht nur die Intransparenz der hinterlegten Sicherheiten sei kritisch zu werten, sondern insbesondere auch mögliche negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität.

Mit der Einführung von CBDC und Giralgeld-Token könnten die „Kryptowährungen“ insgesamt an Bedeutung verlieren, wenngleich Banken und Zentralbanken Konkurrenz durch „Nicht-Banken“ erhalten werden, die solche Stablecoins ausgeben. Insofern sind mittel- und langfristig Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen.

Analyse und Beratung als Kundenbindungsinstrument

Die Wachstumspotenziale der Tokenisierung von Sachwerten dagegen seien enorm.  Die damit verbundenen Chancen gelte es zu nutzen. Im Blick zu behalten seien aber auch die Risiken, zu denen insbesondere die Informationsasymmetrie zähle. Gerade bei Mikroinvestments können die Kosten der Informationsbeschaffung potenzielle Kursgewinne oder Renditen übersteigen, was problematisch sein kann. Analyse und Beratung könnten noch wichtiger werden als bisher. Für Landesbanken und Sparkassen ergäben sich neue Möglichkeiten der Kundenbetreuung und -bindung.

Der Token-Ökonomie fehle es zudem noch an einem breiten juristischen Fundament. Insbesondere bedürfe es einer angemessenen Regulierung, die Rechtssicherheit vor allem für die Investoren, aber auch für die Immobiliengesellschaften und/oder die Infrastrukturanbieter bringt, so der Standpunkt der Chefvolkswirte. Es wäre wünschenswert, wenn diese Aktivitäten nicht auf nationaler Ebene stattfänden, sondern im Rahmen der Kapitalmarktunion direkt auf EU-Ebene ins Leben gerufen würden.

(Bild: Shutterstock)
– 8. November 2021
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