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Versicherer / Interview
Wie Daten den Service verbessern
Künstliche Intelligenz macht Digitaltechnik von Versicherern passgenauer, beispielsweise in der Gesundheitssparte. Wie das geht, erläutern Stephan Spieleder, IT-Vorstand des Konzerns Versicherungskammer, und Andreas Kolb, Vorstandschef der Konzerngruppe Krankenversicherung.

Wo setzt der Konzern Versicherungskammer künstliche Intelligenz heute ein?

Stephan Spieleder: Wir setzen bei verschiedenen Angeboten der Kranken-, Lebens-, Schaden- und Unfallversicherung – aber auch bei der Korrespondenz – KI als Technologie ein, die unsere Kundinnen und Kunden sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützt.

Mithilfe von der Anwendung Text Analytics werden etwa Angebotswünsche und Unmutsäußerungen von Kunden in ihren Schreiben erkannt und können somit von unseren Expertinnen und Experten zielgerichtet und schneller bedient werden.

 

KI erkennt Angebotswünsche und Unmutsäußerungen in Kundenanschreiben, sagt Stephan Spieleder, IT-Vorstand im Konzern Versicherungskammer.


Auch bei unserem Alexa-Skill kommt KI zum Einsatz. Die digitale Sprachassistentin greift dabei dank einer neuartigen Softwarelösung auf eine eigene Wissensdatenbank zurück. Durch die Verknüpfung beider Systeme erhalten Interessenten Auskunft zu unseren Produkten und Tarifen.

Andreas Kolb: In der Krankenversicherung werden beispielsweise Krankenhausrechnungen mithilfe von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz auf medizinisch und kodierrechtlich korrekte Abrechnung geprüft, ganz ohne manuellen Aufwand. Inzwischen ermöglicht die KI die komplette Dokumentation eines Krankenhausaufenthalts – und lernt täglich selbständig dazu. Dafür verwenden wir NLP, also Natural Language Processing.

Wie und wem nutzt der Einsatz von KI?

Kolb: Wir setzen KI direkt im Service ein. Unsere Kunden profitieren von einer beschleunigten Bearbeitung, was sich positiv auf deren Zufriedenheit auswirkt. Wenn wir bei dem Beispiel mit den Krankenhausrechnungen bleiben, verkürzt die KI den gesamten Prüfprozess, Kunden und Kliniken erhalten schneller ihr Geld.

 

KI verkürzt den Prüfprozess, Kunden und Klinken kommen schneller an ihr Geld, sagt Andreas Kolb, Vorstandsvorsitzender Krankenversicherung im Konzern Versicherungskammer


Spieleder: In der Schaden- und Unfallversicherung profitieren Kunden beispielsweise von unserer Solaranlagenerkennung. Diese kann mit der Hilfe von tiefen neuronalen Netzen die Montage von Solaranlagen über öffentliche Satellitenbilder identifizieren. So können Versicherungslücken einfach erkannt und unsere Versicherungsnehmer gezielt angesprochen werden. Denn zwischen 80 und 90 Prozent aller Besitzer einer Photovoltaikanlage sind nach Marktschätzung nicht oder nur unzureichend versichert.

Wie profitieren die Sparkassen von KI-Angeboten?
Spieleder: Bei unserem Anwendungsfall zur Absicherung von Solaranlagen stellen wir unsere Auswertungen den Beratern über eine spezifische Informationsplattform zur Verfügung. Sie erhalten darüber hinaus ein passendes Anschreiben, mit dem sie Kontakt zu ihren Kunden aufnehmen können.

Welche Hürden gibt es beim Einsatz von KI?
Spieleder: Der Datenschutz ist natürlich ein sehr zentrales Thema und hat bei uns oberste Priorität. Hier gehen wir, auch im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, äußerst sensibel vor. Unsere Maßnahmen helfen uns dabei. Beispielsweise erhalten nur bestimmte Mitarbeitende Datenzugriff. Die Datenverarbeitung erfolgt möglichst nur anonymisiert, mindestens aber pseudonymisiert.

Kolb: Als Gesundheitsdienstleister widmen wir uns auf Basis von Daten unseren Versicherungsnehmern, der Servicegedanke steht immer an erster Stelle. Bei den individuellen Angeboten werden Daten nur mit dem Einverständnis der Kunden  genutzt.

Das hat aber auch einen positiven Nebeneffekt: Indem digitale datenbasierte Lösungen im Gesundheitswesen angeboten werden, beispielsweise unsere KI zur Prüfung von Krankenhausrechnungen, und für die Kunden einen spürbaren Nutzen bringen, fördert das die Akzeptanz für datenbasierte Lösungen.

Gerade im Gesundheitsbereich zeigt etwa die Corona-Warn-App der Bundesregierung, wie ausschlaggebend die breite Nutzung für ein bestmögliches Präventionsergebnis ist.

 

Münchener VKB-Standort in der Warngauer Straße.
 


In welchen Bereichen sollen Daten in Zukunft unterstützen?
Kolb: Das eingangs angesprochene Beispiel zu den Krankenhausrechnungen zeigt, wie mittels Daten der Service im Gesundheitswesen verbessert werden kann. Dies lässt sich auch auf andere Aspekte ausweiten.

Erhebt und vergleicht man Informationen zu Krankheitsverläufen, lassen sich Muster erkennen und entsprechende Präventivmaßnahmen entwickeln, wie etwa für Diabetespatienten.

Darüber hinaus schaffen Daten Transparenz über die persönliche Gesundheitschronik. Auf unserer digitalen E-Health-Plattform Meine Gesundheit bringen wir Kunde, Arzt und Versicherungsunternehmen unter Wahrung höchster Sicherheitsstandards zusammen und bieten gleichzeitig viele nützliche Anwendungen und Services – übrigens bereits drei Jahre früher als die gerade gestartete elektronische Patientenakte (ePA) der gesetzlichen Krankenkassen.

Spieleder: Wir nutzen die Möglichkeiten der Digitalisierung, um für alle komfortable Angebote zu entwickeln, wie etwa die Onlineberatung mit dem digitalen Fallabschluss, bei dem Kunden ihre Berater virtuell treffen und einen Vertrag abschließen können.Via interaktivem Co-Browsing nutzen sie Unterlagen und Unterschriften im Gespräch direkt auf dem Computer, Smartphone oder Tablet.

Ein anderes Beispiel ist der in die Systeme der Sparkassen integrierte S-Versicherungsmanager, der eine prozessgestützte Analyse des Versicherungsbedarfs bietet, Versicherungsverträge prüft und Optimierungsmöglichkeiten aufzeigt.

15. Februar 2021