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Request-to-Pay (R2P)
Europas Banken rüsten sich für die Zukunft
Die Erste Bank Ungarn setzt seit Kurzem die elektronische Zahlungsanforderung R2P ein, mit der sich etwa Rechnungen mit einem einzigen Mausklick begleichen lassen. Die Technologie verbindet Nutzerfreundlichkeit mit besserer Kontrolle von Zahlungsflüssen.

Die Zahlungswelt war über Jahrzehnte klar geregelt: Neben Über­weisungen gab es Lastschriften, Bargeld und Zahlungen per Scheck, EC- oder Kreditkarte. Mit Drittanbietern wie Paypal, Western Union oder Dien­sten wie Apple Pay haben neue Player den Markt betreten. Sie bieten kundenfreundliche Lösungen, die zudem in Echtzeit rund um die Uhr arbeiten und zunächst vor allem im Online-Handel besonders beliebt waren.

Klar war allerdings von Beginn an: Dieses Geschäft soll auch, geht es nach dem Willen der Zahlungsdienstleister, auf den Point of Sale ausgeweitet werden. Verbraucher denken allerdings noch anders. Eine Studie[1] belegt einmal mehr den klaren Vertrauensbonus von Banken: Während nur drei Prozent noch an einzelne Bankfilialen glauben, nutzen mehr als 80 Prozent der Konsumenten in den USA mobiles Banking jede Woche, und 93 Prozent haben mehr Vertrauen in Banken als in große Tech-Firmen mit ihren Bezahldiensten.[2] Die Ergebnisse lassen sich im Kern auch auf Europa übertragen.

Ungarische Nationalbank legt R2P-Vorgaben fest

Die Erste Bank Ungarn hat mit Instant Payment und Request-to-Pay (R2P) bereits jetzt neue Maßstäbe im Zahlungsverkehr gesetzt. Bereits in den ersten Wochen sind mehr als 500 inländische Request-to-Pay-Zahlungen ausgelöst worden.

Dieser neue Standard erweitert den Zahlungsverkehr maßgeblich, indem ein Zahlungsempfänger einfach und bequem eine Zahlungsanfrage direkt an einen Zahlungspflichtigen auslösen kann. Damit wird die Zahlungsab­wick­lung zwischen End- und auch Geschäftskunden in Europa deutlich vereinfacht. Im Vergleich zur Lastschrift sind R2P-Zahlungen direkt, final und sicher und Ausfallrisiken werden reduziert.

Während das European Payment Council (EPC) plant, in diesem Monat das erste RTP Scheme Rulebook zu veröffentlichen, hat die ungarische Nationalbank bereits konkrete Vorgaben entwickelt. Ihre Vorgaben über­treffen in einigen Punkten sogar den vorläufigen Richtlinienkatalog für das Sepa-R2P-Modell des EPC.

Mit dem ungarischen Rahmenwerk für Request-to-Pay ist eine Grundlage geschaffen worden, auf der Valantic eine sogenannte Real Time Payment Engine (RTPE) bei der Ersten Bank Ungarn, einem Tochterunter­nehmen der österreichi­schen Erste Group, implementiert hat.

Als erste europäische Bank verfügt sie damit über ein eigenes Zah­lungs­system, um Request-to-Pay-Anfragen abzuwickeln. Gemessen an der Kunden-, Filial- und Geldautomatenzahl gehört das Institut zu den drei führenden Banken in Ungarn.

Mit der eigens eingerichteten Lösung steht eine modular aufgebaute Payment-Hub-Lösung zur Verfügung, die gleich mehrere Funktionen abdeckt: Neben der Instant-Payment-Funktionalität bietet das System seit 1. Juli eine Möglichkeit zur Zahlungsanforderung, die gemäß Richtlinie der ungarischen Nationalbank innerhalb von fünf Sekunden ausgelöst werden muss.

Telefonnummer oder E-Mail identifizieren Zahlungspartner

Nach dem nationalen Go-Live im Frühjahr 2020 war die Erste Bank federführend bei der Einführung der Request-to-Pay-Funktionen, seit Juli 2020 ist der R2P-Service auch bei zwei weiteren Großbanken in Ungarn im Einsatz.

Zur Identifikation von Zahlungspartnern steht nun mehr als die Iban zur Verfügung, denn neben der Mobiltelefonnummer kann auch eine E-Mail-Adresse als zentrale ID genutzt werden. Die Real Time Payment Engine unterstützt dafür alle relevanten Swift- und ISO-20022-Standards im Pain-, Pacs- und Camt-Format. Durch ihre Mandanten- sowie Multikanalfähigkeit lassen sich Zahlungsinstruktionen über unterschiedliche Kanäle wie E-Banking, Corporate Banking oder Drittanbieter verarbeiten.

Maximal fünf Sekunden Bearbeitungszeit

Die Prozesse im Backend der Systeme sind komplex und laufen in weni­gen Millisekunden ab: Geht eine Zahlungsaufforderung auf die Reise, wird im Hintergrund durch einen Proxy-Service innerhalb von wenigen Sekunden geprüft, ob ein Request-to-Pay-Vorgang möglich ist. Ein Ausschlusskriterium kann dabei sein, dass der Zahlungspflichtige beziehungsweise seine Bank das System nicht unterstützt.

Anschließend wird die Zahlungsanforderung an den Service-Provider der Bank weitergeleitet, der die E-Mail-Adresse oder Mobiltelefonnummer entsprechend mit den Kontodaten des Kunden ersetzt und validiert, ob alle benötigten Informationen vorhanden sind. Ist dies der Fall, kann der Zahlungspflichtige den Request-to-Pay bequem über seine mobile Banking-App bestätigen.

Sowohl bei Instant Payments als auch bei R2P gibt die ungarische Nationalbank eine Verarbeitungsdauer von maximal fünf Sekunden vor, in der die Push-Nachricht mit der Zahlungsaufforderung eingegangen sein muss.

Dabei kann zuvor festgelegt werden, bis wann eine Zahlung getätigt wer­den soll, denn bei vielen Verträgen sind Zahlungsfristen üblich. Autorisiert der Zahlungspflichtige die Transaktion, wird die Zahlung als Instant Pay­ment ausgeführt, was durchschnittlich sogar weniger als zwei Sekunden dauert.

Im Vergleich zur Lastschrift hat Request-to-Pay den Vorteil, dass die Zah­lung sofort und für beide Seiten transparent abgewickelt wird. Zudem steht dem Empfänger das Geld unmittelbar zur Verfügung. Rückholungen sind durch die Bank nur in Ausnahmefällen wie technischen Fehlern oder Betrugsversuchen möglich.

Im Bereich „Fraud Detection“ ist die R2P-Zahlungsmethode ebenfalls sicherer als eine klassische Überweisung, da mehr Transparenz und Kontrolle gegeben ist. Die Kontodaten werden nicht im Vorfeld angegeben, sondern liegen bei den Banken und werden im Hintergrund gemappt. Abbildung 1 visualisiert den Request-to-Pay-Vorgang.

Einsatz der Real Time Payment Engine

Die Real Time Payment Engine von Valantic übernimmt im Zahlungs­ver­kehr die Schlüsselrolle und unterstützt die Erste Bank Ungarn bei der Koordination aller Prozesse und Anbindungen. Für das Clearing wird auf das Giro-Netzwerk zurückgegriffen, welches mit dem RTPE-Server verbunden ist.

Aktuell werden weitere Projektideen und Modelle skizziert, um den Zah­lungs­prozess für die Kunden der Ersten Bank Ungarn weiter zu vereinfa­chen. Denkbar ist dabei unter anderem das kontaktlose Bezahlen am Point of Sale (PoS) mit einer direkten Anbindung an vorhandene Kassen- oder Buchungssysteme.

Als Prototyp ist bereits eine Zahlungs-App für iOS und Android entwickelt worden. In ersten Testszenarien konnte damit ein berüh­rungs­loses und sofortiges Zahlen am PoS umgesetzt werden (siehe Abb. 2).

Vertrauen in Banken braucht Innovation

Mit dem Modell der Echtzeitzahlungen und Request-to-Pay lässt sich das Vertrauen in klassische Banken mit modernen Zahlungsmöglichkeiten ver­binden und sichert Banken eine langfristige Kundenbindung zu. Jedoch müssen die bisherigen Marktteilnehmer ihre bisher verwendete Logik dafür umstellen und systemseitig für eine der wesentlichen Grundlagen sorgen: Echtzeitverfügbarkeit.

Bisher nutzen noch zu viele Banken in Europa die klassischen (Alt-)Sys­teme, mit denen sich Daten über Nacht abgleichen und erst dann verschie­dene Prozesse angestoßen werden können. Mit dem Einsatz modernster Technologien arbeiten Banken an einer Zukunft zwischen vertrauter Kompetenz in Finanzfragen, höchst sicherer Geldaufbewahrung und technologischen Innovationen.

Fazit

R2P ist ein zukunftsträchtiges Konzept, das allerdings eine sichere technologische Grundlage und Infrastruktur wie eine Real Time Payment Engine (RTPE) benötigt. Alle Instruktionen werden damit konform zu den Marktrichtlinien auf verschiedensten Ebenen gegen Format-, EPC- und bankspezifische Regeln validiert.

Eine leistungsfähige Mapping-Engine erlaubt die Konvertierung aus beliebigen Formaten der Zahlungseinreicher. Für Banken bietet der Einsatz der Technologie zusätzliche Erlösquellen bei geringeren Prozesskosten, zumal neue Services für Unternehmen ent­wickelt werden können, um deren Cash-Management-Prozesse weiter zu vereinfachen.

Als Anwendungsszenario im E-Commerce können durch R2P kosteninten­sive Scoring- und Adressverifizierungen wie bei Kreditkartenzahlungen eingespart werden. Zusätzlich können auch wiederkehrende Zahlungen wie Mobilfunkverträge, Strom und andere Dienste bezahlt und selbst Raten­zahlungen optimiert und vereinfacht werden.

Im B2B-Handel kann die elektronische Zahlungsanfrage ebenfalls Opti­mierungspotenziale im Bereich der Rechnungsstellung sowie in den Ab­läufen der Financial Supply Chain bringen. Auch die Zusammenarbeit mit Payment-Service-Providern kann so neu aufgesetzt werden, um sowohl am PoS wie auch auf digitalen Kanälen für den Kunden präsent zu sein. Von der Geschwindigkeit und Transparenz profitieren Banken und Verbrau­cher gleichermaßen, aber auch Firmenkunden: Das ist modernes Echtzeit-Banking der Zukunft.

Autorin
Réka Schreiber ist Head of Operations bei der Ersten Bank Ungarn in Budapest.

 

[1] MX Technologies Inc., The Ultimate Guide to the Future of Banking

Réka Schreiber
– 5. November 2020