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Interview S-Payment / CCV (Teil 1)
„Meilenstein im Payment“
Tap-on-Phone-Lösungen und BYOD (Bring your own device) sind neue digitale Trends im Payment-Markt. Die Sparkassen-Finanzgruppe bietet mit der App S-POS seit April eine solche Lösung an. Robert Beer, Leiter Unternehmensentwicklung der S-Payment, und Günther Froschermeier, Chief Technology Officer der CCV, erklären im Interview Vorteile und Marktchancen.

Herr Froschermeier, bitte erklären Sie kurz CCV PhonePOS und die Besonderheiten beziehungsweise Vorteile dieser Lösung.


Günther Froschermeier (GF): Wir haben uns gemeinsam mit dem Münchner Fintech Rubean AG sehr früh von der Idee einer Tap-to-Phone-Lösung begeistern lassen und haben 2019 begonnen, diese Idee für den deutschen und internationalen Markt zu realisieren. Rubean zeichnet sich in der Partnerschaft für den Smartphone-spezifischen Sicherheitspart verantwortlich, wir übernahmen die gesamte Entwicklung des Payment-Teils der Lösung.

Gemeinsam haben wir eine Lösung geschaffen, die erstmalig und unter Berücksichtigung aller Sicherheits- aber auch Komfortmerkmale ein handelsübliches Smartphone in ein Kartenakzeptanzgerät verwandelt – rein durch die Installation der Phone-POS-App durch den Händler auf seinem eigenen Gerät. Dies ist ein Meilenstein im Zahlungsverkehr, da bisher ausschließlich spezifische Hardware-Terminals mit entsprechenden Sicherheitskomponenten und Zertifizierungen für Kartenlesegeräte zugelassen waren. 

Ähnlich der Digitalkamera in Smartphones wird auch diese Innovation einen starken Wandel im Paymentsegment mit sich bringen. S-Payment und indirekt damit die Sparkassengruppe konnten wir für PhonePOS als ersten großen Kunden gewinnen, die es unter dem Namen „Sparkasse POS“ nun auch direkt in den Markt eingeführt haben.


Die Partnerschaft zwischen S-Payment und CCV besteht bereits sehr lange, zum Beispiel wurden Projekte für bargeldloses Bezahlen in Kantinen oder auch Stadien gemeinsam umgesetzt. Bezahlen mit dem Smartphone entspricht nicht dem Standardgeschäft, sondern ist eine strategische und langfristige Entscheidung, verbunden mit Invest.

Herr Beer, wie kam die konkrete Zusammenarbeit zu diesem Projekt zustande?


Robert Beer (RB): Aufseiten S-Payment haben wir auf Veränderungen im Markt reagiert: Die NFC-Technologie spielt heute eine bedeutende Rolle, sowohl auf Issuing- als auch Acquiring-Seite. Gleichzeitig ändern sich Konsumentenverhalten und der Einsatz von Technologien im Handel. 

Das Smartphone dominiert unseren Alltag und auch das Handelsumfeld mittlerweile enorm. Standardisierte Hardware inklusive NFC-Technologie, wie sie zum Beispiel über Tablet-basierte Kassensysteme eingesetzt wird, gilt als „new normal“.

Die Entscheidung für Sparkasse POS – wie wir die Lösung mit eigenem Markennamen versehen haben – war ein Schritt verbunden mit erheblichem Investitionsvolumen und auch Vorleistung. Zum Zeitpunkt der Entscheidung gab es noch kein Zulassungsverfahren! Es musste also sowohl die Technologie geschaffen werden als auch die notwendigen Zulassungsvoraussetzungen. 


Hier bewies sich das beiderseitige Vertrauen aus der langjährigen Partnerschaft zwischen S-Payment und CCV. Mit Unterstützung der Deutschen Kreditwirtschaft, vertreten durch den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), konnten wir die Rahmenbedingungen schaffen. CCV lieferte die Technologie und gemeinsam legten wir die Grundsteine für diese echte Innovation im Deutschen Payment-Markt. Im April 2021 konnten wir den Erfolg dieser Symbiose ernten: Die Zulassung der Sparkasse POS/CCV PhonePOS durch die Deutsche Kreditwirtschaft für die Akzeptanz der Girocard, die einen echten Wettbewerbsvorteil / USP darstellt.

Was hat Sie an einer Tap-on-Phone-Lösung wie PhonePOS überzeugt – es gibt ja doch bereits einige Konkurrenzlösungen auf dem Markt? 

RB: Für uns war wichtig, dass wir mit unserer neuen Lösung neu denken und neue Zielgruppen erreichen können. Projekte aus dem Standard-Terminal-Geschäft erreichen eine in sich geschlossene Zielgruppe. Mit der Sparkasse POS sprechen wir nun auch die klassischen kleinen und mittelständischen Unternehmer (KMU) an und daneben die Segmente, die noch nicht im Payment zu Hause sind, zum Beispiel Marktbeschicker, Vereine oder mobile Eisverkäufer.

Für diese Kunden ist der Einsatz der Girocard eines der Hauptargumente, somit brauchten wir einen Partner, mit dem wir genau diesen USP erreichen können – und mit CCV haben wir die beste Wahl getroffen.

GF: Digitalisierung ist ein der großen Herausforderungen unserer Zeit, auch die Banken stehen hier unter Zugzwang. Viele Firmenkunden der Sparkasse nutzen bereits das Onlinebanking. Dies ist für den sehr einfachen Boarding-Prozess zur Nutzung der Sparkasse-POS-App ein entscheidender Vorteil.

Die Bedeutung des Wortes Digitalisierung liegt für uns darin, den Händlern die Möglichkeit der Kartenakzeptanz so flexibel und einfach wie möglich zu machen, wie wir es heute von vielen anderen In-App-Registrierungen kennen, angefangen beim Musik-Account bis hin zum Onlinebanking.

Sie haben es gerade erwähnt, die Zertifizierung der PhonePOS beziehungsweise der Sparkasse POS für die Girocard durch die Deutsche Kreditwirtschaft ist ein wesentlicher USP. Wie bewerten Sie diese Zertifizierung, die als „Digitales TOPP“ auch Neuland im Payment-Markt betreten hat?

GF: Für CCV war es sehr wichtig, bei einem derart neuen Zulassungsgegenstand einen starken Partner wie S-Payment an ihrer Seite zu haben. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) ist als Organisation und Instanz für Sicherheit im Payment mit Girocard natürlich konservativ und vorsichtig, dementsprechend gut geplant, durchdacht und lückenlos müssen die Spezifikationen sein. Internationale Schemes hatten bereits Pilotprogramme für Tap-on-Phone-Lösungen, die DK hatte in diese Richtung erst wenige Schritte unternommen. 

Es gab bereits das „Terminal ohne PIN-Pad“ (TOPP) aus dem Automatenbereich, dieser bereits vorhandene Zertifizierungstyp – den wir bei CCV auch federführend begleitet haben – hat uns eine gute Ausgangsbasis verschafft.

Auf der anderen Seite gibt es zudem eine DK-Zertifizierung für ein sogenanntes „verteiltes Terminal“, also ein Terminal, dessen wesentliche Komponenten in der Cloud operieren, wie es auch in der Smartphone-basierten Lösung gefordert ist. Nur die absolut notwendigen Komponenten werden auf dem weniger kontrollierbaren Smartphone selbst installiert, der Rest läuft in der Cloud auf sicheren und zertifizierten Server-Umgebungen.

Hier hatte CCV mit der acCEPT-Lösung bereits eine zigtausendfach installierte und erprobte Lösung bei Großkunden im Einsatz. Diese beiden schon vorhandenen Lösungen und Zertifizierungen waren eine gute Voraussetzung für den späteren Erfolg.

RB: S-Payment hatte sich bereits mit den vorgegebenen Standards beschäftigt, darunter auch die Situation hinsichtlich des 25-Euro-Limits für Kontaktloszahlungen ohne PIN-Eingabe. Bei der Initiative zur Erhöhung dieses Limits auf 50 Euro war die S-Payment maßgeblich beteiligt. Somit waren nicht nur die technischen Bedingungen geschaffen, sondern auch die Nutzbarkeit der Sparkasse POS deutlich erhöht!

Der nächste Schritt ist nun natürlich die Umsetzung der PIN-Eingabe auf dem Smartphone-Touchscreen, was die Lösung für den weiteren Einsatz nochmals stärken wird. Aktuell laufen die Gespräche hierzu in verschiedenen Arbeitskreisen und wir rechnen mit einer Umsetzung im Laufe des Jahres 2022.

GF: Der Zertifizierung für die Girocard mit PIN-Eingabe sehen wir sehr positiv entgegen. Die laufenden Piloterfahrungen werden uns hier sicherlich zugutekommen. Auch heute ist schon über die sogenannten Wallets (digitalisierte Karte in der Smartphone-Wallet) die kontaktlose Zahlung ohne PIN-Eingabe über dem 50-Euro-Limit möglich.

Smartphones sind durch eigene Sicherheitsmechanismen bereits geschützt (Face ID, Fingerabdruck), sodass Dritte keine Abbuchungen tätigen können. Bei Google Pay und Apple Pay steckt ein Authentifizierungsverfahren dahinter, das Consumer Device Cardholder Verification Method (CDCVM) genannt wird. Entsprechend ist beim Bezahlen über diese Apps keine weitere PIN-Eingabe oder Unterschrift auf dem Akzeptanzgerät erforderlich.

RB:

Übrigens gibt es auch für die PIN-Eingabe noch keine finalen Spezifikationen. CCV und S-Payment werden auch bei der DK-Zulassung für die PIN-Eingabe erneut als Wegbereiter agieren.

 

(Erstveröffentlichung des Interviews auf www.ccv.eu
 

Stephan Arounopoulos, S-Payment GmbH (Bild oben: S-Payment)
– 31. August 2021